Ein Armreif, dem ein Segment fehlt, ist etwas Handarbeit, Material und Zeit. „Kannst Du mal schnell… habe ich da…“ – Sätze, die so anfangen, arten meist in viel Arbeit aus. Ob Erbstück oder ein auf einem Trödelmarkt gefundenes Schnäppchen: mitunter sind es fahrlässig beschädigte Objekte, fehlende Teile oder Defekte, die sich sehr schön restaurieren lassen. Wenn man Vorlagen hat, z.B. Bilder, oder nur Teile fehlen, kann man mit handwerklichem Geschick schon einiges machen. „Gute“ Erbstücke, bei denen die Hälfte fehlt und der Rest dilettantisch geleimt wurde, machen bei mangelnder Orientierung ganz schön Arbeit – doch mit zunehmender Komplexität auch viel Spaß! Bei einem Glässchen Wein und mit viel Ruhe überlege ich erst einmal: „Was kann der Künstler damit gemeint haben?“
Es gibt Situationen, da erschließt sich mir trotz langer Überlegung nicht, was der Künstler sich bei der Erschaffung seines Werkes gedacht haben mag. Ein Beispiel: Ein kleiner Hase lacht mich frech an. Doch wieso ist da eine Hand verkehrt herum angeleimt, anatomisch ist das doch absoluter Quatsch! Die zweite Hand fehlte ganz, austauschen ging auch nicht. Biologisch korrekt nicht machbar, der Daumen war immer auf der falschen Seite. Es muss eine Scherzfigur sein, also vielleicht nicht ganz so ernst nehmen, dachte ich mir und habe mühevoll eine zweite Hand gefertigt. Einige Stunden später, nach der Erneuerung eines Ohres, der optischen Angleichung der Teile und dem Saubermachen, habe ich mein Werk stolz den Besitzer präsentiert. Dieser war entsetzt! Sooo sah seine Figur aber gar nicht aus; die Hand war anders herum angeleimt, außerdem hat sie sowieso nicht dazu gehört! Er hatte sie in einem Nähkästchen seiner Oma gefunden, aber egal. Wir haben uns auf 10 Euro geeinigt, nun gehört der Hase mir und er hat einen Ehrenplatz zwischen meinen sonstigen Arbeiten in der Vitrine.